Luftbild 60er-Jahre Projekttext
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1. Obergeschoss Projekttext
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3. Obergeschoss Projekttext
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Nutzungsszenarien Aula Projekttext
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Wiederkehrende Grosszügigkeit
Die offene Pavillonschulanlage aus den 50er-Jahren, erbaut von Architekt Hermann Rüfenacht, wurde durch die baulichen Interventionen der letzten Jahrzehnte verunklärt. Die Einhausung und Aufstockung des ehemaligen Verbindungsdachs zwischen Trakt 1 und 2 unterbricht die ursprüngliche, charakteristische Durchlässigkeit der Anlage, rückwärtige Bereiche und Sackgassen sind Folgen davon.
déjeuner en paix stellt durch gezielte Rückbauten die Erlebbarkeit der gesamten Tiefe der Schulanlage wieder her und bindet Sporthalle und Spielflächen besser in das Gesamtensemble mit ein. Die aufgewerteten Aussenräume sind untereinander wieder stärker verknüpft, die Zirkulation zwischen den differenzierten Teilflächen ist wieder möglich.
Weiterstricken bewährter Strukturen
Der fingerartige Kopfbau aus den 80er-Jahren lässt sich nicht mit den neuen Raumbedürfnissen vereinen: die starre Raumstruktur verunmöglicht eine Vergrösserung der Klassenzimmer. Die zentral gelegene, zweigeschossige Eingangshalle widerspricht zudem dem Wesen und Funktionieren der mehrflügeligen Schulanlage, das zentrale Foyer wird nicht genutzt. Demgegenüber erweisen sich die Trakte aus den 50er-Jahren als zeitlose, gut funktionierende Schulhaustypologien, die sich strukturell gut anpassen und erweitern lassen. Die südseitig des Korridors aufgereihten Klassenzimmer und Gruppenräume werden durch die Verschiebung der Querwände auf die neuen Raumgrössen justiert, beide Trakte werden um ein Geschoss erweitert. Die beiden bestehenden Gebäude aus den 50er-Jahren werden zu reinen Klassenzimmertrakten.
Erweiterung mit effizientem Raumgerüst
Der bewährte Auftakt der Schulanlage – das Ensemble von Klassenzimmertrakt und Aula – wird aufrechterhalten und weitergebaut: ein Ersatzneubau in Holzbauweise übernimmt die Setzung und den Gebäudeabstand der ehemaligen Aula und leitet in vertrauter Manier in den Pausenhof ein. Das dreigeschossige Gebäude mit an den Bestand erinnernder Dachform greift die Bedeutung des Spezialtrakts auf und nimmt sämtliche Fachunterrichtsräume und die Aula auf. Der dreigeschossige Holzbau ist auf mehreren Ebenen nachhaltig konzipiert:
synergetisch –
die Laubengangerschliessung entwickelt sich aus dem Bestand heraus, ein gebäudeeigener Lift und zusätzliche Toilettenanlagen entfallen;
kompakt –
das warme Volumen wird auf die Fachunterrichtsräume begrenzt;
flexibel –
die Doppelnutzung von Aulabühne und Musikraum kann auf viele unterschiedliche Nutzungsszenarien eingehen;
kostengünstig –
das Gebäude kommt ohne Untergeschoss aus.
Die Aula als Bindeglied
Die Aula macht sich den bestehenden Terrainsprung vom Hauptzugang zum Pausenhof zu Nutze, womit einerseits die erforderliche Mehrhöhe des Saals erreicht und andererseits die Aula als Bindeglied zwischen Schule und Öffentlichkeit symbolisiert wird. Zum Aussenraum hin präsentiert sich die Aula auf zwei Seiten: beim Zugang über einen adressbildenden Vorbau mit öffentlicherem Charakter, zum Hof hin mit einer über die ganze Länge öffenbaren Fensterfront. Strassen- und Hofniveau werden über den Innenraum geschickt miteinander verbunden, was unterschiedliche Nutzungsszenarien für diverse Nutzungsgruppen zulässt (Schule, Vereine, Gemeinde).
Doppelnutzung – Wandelbarkeit und Gesamteffizienz
Durch die Zusammenfassung von zwei Raumsegmenten à 100 m2 und die topografische Innenraumentwicklung bildet die Aula die strukturelle Ausnahme im stringenten Raumgerüst. Der temporär mögliche Miteinbezug des angrenzenden, dritten Raumsegments erhöht die Anpassbarkeit der Aula: der Saal kann adäquat zum jeweiligen Anlass in zwei Grössen zwischen 180 und 280 m2 genutzt werden, der Musikraum kann dabei zur Bühne oder je nach Ausrichtung zum Tribünenraum umfunktioniert werden.
Freiraumkonzept
Das neu gestaltete Freiraumkonzept für das Oberstufenzentrum schafft eine ausgewogene Balance zwischen Funktionalität und Ästhetik. Mit einer durchdachten Gestaltung werden sowohl die Bedürfnisse der Schüler als auch die ästhetischen Ansprüche an den Aussenbereich berücksichtigt, wodurch ein einladender Raum für Lernen, Erholung und Bewegung entsteht.
Der Hauptzugang in Verbindung mit der Aula bildet einen einladenden Auftakt, der auch als Veranstaltungs- und Festbereich genutzt werden kann. Von hier aus öffnet sich der Raum zum Pausenhof, der sowohl über eine Treppe als auch eine barrierefreie Rampe erreichbar ist. Der bestehende Hof wurde weitgehend beibehalten und mit neuen Baum- und Staudenpflanzungen ergänzt, die im Sommer Schatten spenden und die Atmosphäre des Raums bereichern. Flexible Sitz- und Gestaltungselemente ermöglichen eine vielseitige Nutzung der Flächen und schaffen im Sommer attraktive Lern- und Aufenthaltsbereiche.
Die überdachte Verbindung zwischen Trakt 1 und 2 schafft einen Aussenbereich, der Witterungsschutz bietet und eine direkte Verbindung zu den Aussensportanlagen ermöglicht. Eine neue chaussierte Wegeverbindung erleichtert den Zugang zu diesen Bereichen und verbessert die Durchwegung des gesamten Schulgeländes.
Besondere Bedeutung wurde auf eine attraktive Verbindung zur Sporthalle und die maximale Nutzung der Freiflächen gelegt. Eine zentrale Rolle spielt dabei der neugestaltete Aussenraum der Bibliothek. Eine neu angelegte Wiesenfläche belebt diesen Bereich und verbessert die Verbindung zwischen dem Pausenhof und dem südlich gelegenen Aktivitätsband. Der Höhenunterschied wird durch Sitzstufen und eine barrierefreie Wegeführung über die östliche Wiesenfläche überwunden. Die neuen Zugänge zur Bibliothek eröffnen attraktive Außenräume, die sich im Sommer als Outdoor-Bibliothek und Lernbereich nutzen lassen. Hochbeete, Outdoor-Werkbereiche, Bodenbemalungen sowie kleine Spiel- und Lernecken erweitern das Angebot und beleben bislang wenig genutzte Flächen. Gleichzeitig sorgt eine klare Abgrenzung zwischen Parkplatz und Aktivitätsband für eine angenehmere Aufenthaltsqualität.
Die bestehenden Aussensportanlagen im westlichen Teil des Geländes bleiben erhalten. Der neu erschlossene nördliche Bereich verbessert die Verbindung zwischen Pausenhof, Aktivitätsband und Sportflächen und ist naturnah gestaltet. Retentionsflächen, Totholz- und Steinhaufen fördern die ökologische Vielfalt und bieten naturnahe Spielmöglichkeiten. Neue Blühwiesen im Süden sowie zusätzliche Stauden- und Strauchpflanzungen tragen zur ökologischen Aufwertung des Geländes bei.
Die Umgestaltung des Freiraums schafft einen vielseitigen und attraktiven Aussenbereich, der den Schülern zahlreiche Nutzungsmöglichkeiten bietet und zugleich ein angenehmes Umfeld für Entspannung und soziale Begegnungen schafft.
Tragstruktur – Umbau
Die bestehenden Klassenzimmertrakte bleiben in ihrer Grundstruktur erhalten. Am vertikalen Lastabtrag werden einzelne Anpassungen vorgenommen. Die bestehenden Betondecken spannen jeweils von beiden Längsfassaden bis zur Korridorwand. Die nichttragenden Querwände können ohne grosse statische Mehraufwände verschoben werden. Wo statische Verstärkungen notwendig sind, können die Lasten relativ einfach und kostengünstig mittels CFK-Lamellen abgefangen werden, sowohl bei kleineren Wandausbrüchen wie auch bei den Deckenausschnitten für Lifteinbauten.
Tragstruktur – Aufstockung
Um die Zusatzbelastung auf die bestehenden Geschosse zu minimieren, wird die Aufstockung in leichter Holzbauweise erstellt. Die gesamte Lastabtragung passt sich dabei an der bestehenden Tragstruktur an, um die statischen Verstärkungsmassnahmen an den bestehenden Tragwerksteilen so gering wie möglich zu halten. Das neue Satteldach wird mittels Hauptträger im Abstand von ca. 3.3 Meter konstruiert. Diese spannen quer zum Gebäude und lagern jeweils auf den Aussenwänden und der Trennwand zwischen Korridor und Klassenzimmern auf. Die Unterlage für den weiteren Dachaufbau bildet ein ausgedämmtes Hohlkastenelement welches zwischen die Hauptträger gehängt wird. Dieses bildet mit den Beplankungen aus Holzwerkstoffplatten zugleich eine Dachscheibe, um den horizontalen Lastabtrag auf die Wandscheiben zu gewährleisten.
Die vertikale Gesamtbelastung wird tendenziell erhöht. Die Erhöhung hat auf die Fundation kaum Einfluss, da die Aufstockung in Holzbauweise im Verhältnis zu den bestehenden vier Vollgeschossen in Massivbauweise eine Lasterhöhung von weniger als 10% bedeutet. Für die horizontale Aussteifung muss jedoch sowohl im Ist- wie auch im Soll-Zustand davon ausgegangen werden, dass die Anforderungen an Schulräumlichkeiten ohne Zusatzmassnahmen nicht gewährleistet werden. Sollte eine detaillierte Überprüfung der Erdbebensicherheit ebenfalls zu diesem Schluss kommen, kann im Umbauprojekt entweder über den Einzug von aussteifenden Querwänden zwischen den Klassenzimmern oder über die Aufdoppelung der peripher laufenden Querwände eine genügende Erdbebensicherheit sichergestellt werden.
Tragstruktur – Erweiterungsbau
Für den Neubau der Aula mit darüberliegenden Fachunterrichtsräumen wird auf einen rationellen Holzbau gesetzt. Die Bodenplatte in Massivbauweise bildet die wasserdichte Fundation. Geotechnische Baugrunduntersuchungen aus der nahen Umgebung zeigen einen weichen Baugrund bis in ca. 2.5 Metern Tiefe. Sollte die geotechnische Untersuchung einen ungenügenden Tragwiderstand ergeben, kann der Neubau mittels kostengünstigen Schraubfundamenten in die darauffolgende, kiesige Schicht fundiert werden. Die darüberliegenden Geschosse in Holzbauweise werden in ein regelmässiges Raster von ca. 7.6 Meter eingeteilt, womit die Lasten einfach und geradlinig in die Fundamente eingeleitet werden. Aufgrund der erhöhten Spannweiten der Decken und der geringen Aufbauhöhe, welche zur Verfügung steht, werden die Decken als Holzbetonverbunddecken konstruiert. Im Erdgeschoss wird der stützenfreie Raum der Aula komplett überspannt, die Lasten werden nur im Bereich der Aussenwände über Fassadenstützen abgegeben. Um die gesamte Gebäudebreite überspannen zu können, werden die Zimmertrennwände der oberen Geschosse als Wandträger ausgebildet. Mit der statischen Höhe der Wand von ca. 3 Metern kann die grosse Spannweite mit grossen Lasten effizient überbrückt werden. Die Lasten des Daches werden über die selben Achsen abgetragen wie die unteren Geschosse. Dabei spannen Sparrenpfetten längs zum Gebäude, welche zugleich die Dämmebene bilden. Die Dachlasten werden über Hauptträger in den Gebäudeachsen abgetragen. Aufgrund der fehlenden Innenwände im Erdgeschoss und der grossen Fensterflächen in den Fassaden können die Lasten nicht über Wandscheiben abgetragen werden. Um die Gebäudestabilisation zu gewährleisten werden in den Fassadenebenen Fachwerke mittels linearen Bauteilen ausgebildet. Diese tragen die Horizontallasten wie Wind- und Erdbeben aus den Deckenscheiben in die Fundation ab.
Wirtschaftlichkeit
Der Erhalt eines Grossteils der Tragstruktur hat grosse finanzielle Vorteile. Die Bauzeit wird deutlich verkürzt. Der hohe Grad an Vorfabrikation beim Neubau in Holzbauweise wirkt sich ebenfalls positiv auf die Wirtschaftlichkeit aus.
Gebäudetechnik
Das vorliegende Projekt hat das Ziel eine energieeffiziente Bauweise mit einfachen Konstruktionen und langlebigen Materialien zu kombinieren, sodass es den Werten der 2000-Watt-Gesellschaft entspricht. Ersatzneubau und Aufstockungen sind als ökologische Holzbauten konzipiert (CO2-Speicher). Im Vergleich zu einem Massivbau lassen sich die Bauzeiten wesentlich reduzieren und entlasten dadurch auch die Eingriffszeit. Mit der Gesamtsanierung der Bestandesbauten werden einerseits Mängel behoben und andererseits die Bausubstanz aufgewertet, indem die thermische Gebäudehülle verbessert wird. Dabei ist ein behutsamer Umgang mit der vorhandenen Substanz essenziell. Durch die effizienten Gebäudehüllen nach kantonalen Vorgaben wird ein geringer Heizwärmebedarf angestrebt. Die Versorgung läuft über ein Fernwärmenetz (100% Holzschnitzel). Die Raumwärme wird über Heizkörper abgegeben, welche leicht zugänglich und somit auch im Unterhalt praktisch sind. Auf den Dächern wird eine PV-Anlage installiert. Werden ca. 30% der Dachflächen mit PV-Modulen belegt, kann der Eigenverbrauch komplett gedeckt werden. Ein Überschuss kann entweder ins Netz zurückgespeist oder temporär in umweltfreundlichen Salzwasser-Batterien gespeichert werden.
Sommerlicher Wärmeschutz
Die vorgelagerten Verbindungsflächen beim Neubau wirken sich durch die Verschattung der Fenster positiv auf den sommerlichen Wärmeschutz aus. An den Bestandesbauten sorgen Brise Soleil vor den südseitig liegenden Klassenzimmerfenster für Schatten.
Zusammen mit dem automatisch gesteuerten Sonnenschutz und der Nachtauskühlung über geöffnete Fenster kann der Komfort auch in den Sommermonaten gewährleistet werden. Somit kann auf eine energieintensive Lüftung und Kühlung verzichtet werden.
Gewichtete Gesamtenergieeffizienz
Durch die hohe Effizienz der Gebäudehülle sowie der Gebäudetechnik- und PV-Anlagen kann die gewichtete Gesamtenergieeffizienz (gGEE) so weit reduziert werden, dass sie mindestens 15% unter dem kantonalen Grenzwert liegt. Durch die aufgezählten Prinzipien und Strategien gelingt die Umsetzung eines energieeffizienten Projektes, welches erstens die Richtwerte der drei Bereiche „Erstellung“, „Betrieb“ und „Mobilität“ und zweitens auch die Zusatzanforderungen der SIA 2040 einhält.
Landschaftsarchitektur: BÖE studio, Zürich
Energie & Nachhaltigkeit: Prona, Biel
Tragwerk: Baukonstrukt, Biel
Visualisierungen: OVI images, Baden
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